Datenmonopol der Hersteller: Markenwerkstätten bald die einzigen, die Fahrzeuge reparieren können?

17. Mai 2023 | Branche + Mehr

Das Thema ist beinahe so alt wie die Daten selbst: Die Kritik am Datenmonopol der Automobilhersteller. Zulieferer, Verbände und auch der TÜV und ADAC – sie alle befürchten, dass sich die Hersteller den exklusiven Zugriff auf Fahrzeugdaten auf lange Sicht sichern könnten.

Vernetzte Fahrzeuge sammeln immer mehr Daten. Daten, die für eine Vielzahl von Zwecken genutzt werden können. Die Fahrzeughersteller jedoch haben nur wenig Interesse, diese Daten zu teilen. Ihre Argumentation: Da sie es sind, die die Fahrzeuge herstellen und die Datenproduktion ein integraler Bestandteil des Fahrzeugbetriebs sei, hätten sie auch ein (exklusives) Recht auf diese Daten.

Datenbasierte Services: Geschäft der Zukunft

Der nicht ganz unberechtigte Einwand der Kritiker: Auf diese Weise könnten Autofahrer*innen gezwungen sein, bestimmte Dienstleistungen oder Produkte der Autohersteller zu nutzen, um den vollen Nutzen aus den von ihren Fahrzeugen gesammelten Daten zu ziehen.

Tatsächlich gelten datenbasierte Services rund um das Auto als Geschäft der Zukunft. Denn Fahrzeugdaten sind für viele Geschäftsmodelle – bestehende und neue – interessant oder gar von zentraler Bedeutung. Doch dieses Geschäft könnte an unabhängigen Dienstleistern vorbeigehen. Viele Player im Automobilbereich, vom ADAC bis zu den Zulieferern, fordern deshalb seit Jahren eine entsprechende Regulierung.

Blockt ein EU-Kommissar die Regulierung der Daten?

Das Problem, so berichtet die Automobilwoche: EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton zeige wenig Interesse, die von ihm selbst angekündigten Regulierungen für den Zugriff auf Fahrzeugdaten weiterzuverfolgen. „Denkt Breton nicht schnell um, können sich die Hersteller den exklusiven Zugriff auf Fahrzeugdaten auf lange Sicht sichern.“

Die Datenmonopol-Kritiker sind deshalb durchaus besorgt, um es mal salopp zu formulieren. "Scheitert die Regulierung, könnte es passieren, dass die Hersteller und ihre Markenwerkstätten bald die einzigen sind, die Fahrzeuge noch reparieren können. Freie Betriebe wären unter Umständen außen vor", warnt ADAC-Kommunikationschefin Katrin van Randenborgh. Und das, muss man festhalten, kann auch nicht im Interesse der Autofahrer*innen sein. Im Gegenteil: Sie müssten ein ureigenes Interesse daran haben, in die Werkstatt ihres Vertrauens fahren und generell selbst entscheiden zu können, wie ihre Daten genutzt werden.

Nur die Automobilhersteller wissen, welche Daten ihre vernetzten Autos sammeln und senden

Auch der Zentralverband des Deutschen Kfz-Gewerbes (ZDK) zeigt sich beunruhigt: „Auf dem gleichberechtigten Datenzugriff beruht die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle“, so Dominik Lutter, vom ZDK. Ohne eine Regulierung drohe ein Datenmonopol, das alle anderen Branchenplayer abhänge.

Bislang ist es so, dass ausschließlich die Automobilhersteller wissen, welche Daten ihre vernetzten Autos sammeln und senden – und mit welchem Zweck. Hinzu kommt: Eine Weiterleitung der Daten ist häufig selbst dann nicht möglich, wenn Autofahrer*innen dies explizit möchten.

Industrie setzt EU ein Ultimatum

Auch der Reifenhersteller Michelin, für den vernetzte Reifen schon heute eine wichtige strategische Rolle spielen, ist auf Zinne. Die hochrangige Michelin-Managerin Lorraine Frega forderte Breton deshalb jetzt auf, endlich und bis spätestens Herbst ein Gesetz vorzulegen: „Eine sektorale und rechtsverbindliche Regulierung des Zugangs zu fahrzeuginternen Daten ist dringend erforderlich, um die Wahlfreiheit der Nutzer und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten!“

Fortsetzung folgt. Hoffentlich.