Wenn man freie Werkstätten zu ihrer Meinung über das Elektroauto-Unternehmen Tesla befragt, gibt es durchaus zwei Meinungen. Für die einen ist die US-Marke ein Graus, die anderen ignorieren sie komplett. Beziehungsstatus: „Es ist schwierig“. Vielleicht sogar mehr als das. Aber so langsam könnte Bewegung in die Sache kommen.
Als ob die Elektromobilität nicht schon genügend Herausforderungen an die freien Werkstätten stellen würde, macht es Tesla den unabhängigen Werkstatt-Betrieben noch einmal deutlich schwerer. Da sind zum einen die konzeptbedingten Probleme, die so ein Stromer nun mal im Bereich der Wartung mit sich bringt. Zum anderen versuchen die E-Auto-Spezialisten den freien Betrieben die Arbeit noch schwerer zu machen, als es die herkömmlichen Automobilhersteller bereits machen. Das Ziel: Tesla-Besitzer*innen in der eigenen Welt zu behalten. Bedeutet: Die Tesla-Welt hermetisch abzuriegeln und freie Werkstätten am besten komplett von Wartungs- und Reparaturarbeiten auszusperren.
Tesla-Welt hermetisch abriegeln
Im Gegensatz zu Fahrzeugen mit Benzinmotor erfordern Elektroautos - und damit auch Tesla Model S, Model 3 und Co. - weder Ölwechsel, noch Zündkerzen- oder Kraftstofffiltertausch und auch keine Abgasuntersuchungen. Selbst das Erneuern der Bremsbeläge ist seltener notwendig, schließlich entsteht bei BEV während der Rekuperation ein Bremsmoment, das das Fahrzeug bremst. Die Bremsleistung des Generators reicht in vielen Fällen aus, um das Fahrzeug im Bedarfsfall ausreichend abzubremsen. Hinzu kommt: Die Fahrzeuge der Marke erfordern weder Jahresinspektionen, noch einen regelmäßigen Wechsel von Betriebsflüssigkeiten. Und durch Updates Over-The-Air und Ferndiagnose muss so ein Tesla seltener zum Service. Und wenn doch, dann sollen die Stromer bitteschön in eines der 21 Tesla Service Center in Deutschland – wenn einer der zahlreichen mobilen Service-Techniker nicht helfen kann. Und das läuft selbstverständlich über die Online-Terminvereinbarung via Tesla-App.
Keine Umsatzexplosionen bei freien Werkstätten zu erwarten
Interessant in dem Zusammenhang: Tesla-Fahrer*innen, die auf die vom Hersteller empfohlenen Wartungen verzichten, haben laut Unternehmensangaben keine Beeinträchtigung der Neuwagen- oder Gebrauchtwagengarantie zu befürchten. Dass Tesla lange Zeit den Zugang zur Tesla-Diagnose oder Wartungs- und Reparaturdaten nur sehr bedingt mit unabhängigen Kfz-Werkstätten teilte, ist da wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Positiv ausgedrückt: Alles keine Kriterien, die Umsatzexplosionen bei freien Werkstätten erwarten lassen würden.
Doch zumindest ein wenig Bewegung ist zuletzt in die belastete Beziehung gekommen. 2021 reagierte das Unternehmen auf eine Beschwerde des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) bei der EU-Kommission. „Gegen eine Gebühr konnten freie Kfz-Werkstätten zwar schon länger auf Wartungsinformationen zugreifen, jedoch nicht auf die Diagnose-Tools“, berichtet die Brancheninitiative Qualität ist Mehrwert. Neuerdings können auch nicht von Tesla zertifizierte Werkstätten auf die Diagnose-Tools von Tesla zugreifen. Problem: Mit Gebühren von bis 125 Euro pro Stunde sind die Kosten für die Nutzung der Diagnose- und Programmierungssoftware hoch und für viele Betriebe schlicht zu teuer.
Ausgerechnet: Lange Wartezeiten für Service-Termine bei Tesla in den USA
Die Beziehung bleibt also angespannt. Für etwas Genugtuung bei den freien Werkstätten dürfte da ein Blick in die USA sorgen. Dort ärgern sich Tesla-Besitzer*innen schon seit Längerem über lange Wartezeiten von bis zu einem Monat für Service-Termine. Das Unternehmen reagierte jetzt offenbar mit einer durchaus irritierenden bis völlig verzweifelten Maßnahme. Wie das E- Efahrer.com berichtet, werden selbst ungelernte Mitarbeiter kurzerhand in die Werkstätten geschickt, um dort auszuhelfen. Darunter wohl auch Manager, die ihre schicken Hemden gegen den Blaumann tauschen mussten. Das Portal stellt deshalb eine durchaus nachvollziehbare Mutmaßung auf: „Ob das am Ende die Kundenzufriedenheit hebt, ist durchaus fraglich.“