Ganzjahresreifen sind bekanntermaßen ein Kompromiss zwischen Sommer- und Winterreifen. Und doch erfreuen sie sich weiterhin steigender Beliebtheit. Und das hat nach wie vor Folgen für Kfz-Betriebe.
Seit Jahren steigt der Anteil an Autofahrerinnen und Autofahrern, die auf Ganzjahresreifen setzen: 2014 gaben 15 Prozent der Autofahrer*innen an, Ganzjahresreifen zu besitzen. 2018 waren es bereits 25 Prozent. In seiner Analyse des Reifenersatzgeschäfts 2021 bescheinigt der Bundesverband Reifenhandel (BRV) dem Segment der Ganzjahresreifen weiterhin starke Zahlen. Innerhalb der Produktgruppe der Pkw- und 4x4-Reifen stieg der Anteil der Ganzjahresreifen 2021 um etwa 2,5 Prozentpunkte auf jetzt rund 27 Prozent.
Die positive Entwicklung bei den Ganzjahres- oder auch Allwetterreifen geht dabei stets zu Lasten des Winterreifengeschäfts, deren Marktanteil 2021 gegenüber dem Vorjahr um weitere rund 2,5 Prozentpunkte auf nun knapp 41 Prozent zurückging.
Aber kann man es den Autofahrerinnen und Autofahrern verdenken? In unseren milden Gefilden, kann der Einsatz von Ganzjahresreifen durchaus legitim sein. Und wer nicht mehr von Winter- auf Sommerreifen und zurück wechseln muss, spart ja nicht nur Geld, sondern vor allem auch Zeit.
Ganzjahresreifen: Ein Problem für Kfz-Betriebe und Autofahrer*innen
Doch für Kfz-Werkstätten und Reifenfachbetriebe ist diese Entwicklung schon seit Jahren ein Problem. In der Fachzeitung „Automobilwoche“ bringt Michael Schwämmlein, Geschäftsführer Technik beim BRV, es auf den Punkt: „Je mehr Ganzjahresreifen verkauft werden, desto mehr Kunden kommen nicht mehr zum saisonalen Wechsel zwischen Sommer- und Winterreifen in die Fachbetriebe“.
Seine Warnung: Der Ganzjahresreifen bleibt ein Kompromiss, „der bei extremen Einsatzbedingungen schnell an seinen Grenzen stößt und vor allem im Sommer oft eben nicht die bestmögliche Wahl“ ist. Dieser Kompromiss in Sachen Sicherheit ist für Kfz-Betriebe aber auch eine Chance. Sie müssen ihre Kundinnen und Kunden sachlich über die Vor- und Nachteile von Ganzjahresreifen aufzuklären.
Unabhängig vom fehlenden Umsatz in der Kasse, haben die entfallenden Besuche in der Werkstatt sowohl für Autofahrerinnen und -fahrer als auch die Betriebe weitere Folgen: So entfallen für Kfz-Betriebe die so wichtigen, regelmäßigen Gelegenheiten persönlich mit den Kunden*innen in Kontakt zu treten. Für Autofahrer*innen die regelmäßige Kontrolle der Reifen.
„Wunschlos-glücklich-Paket“ der Ganzjahresreifen?
Und die wird in Anbetracht der Entwicklung immer wichtiger: Wer sich mit dem „Wunschlos-glücklich-Paket“ der Ganzjahresreifen, die nur einmal montiert werden müssen und dann ein ganzes Autoleben problemlos überdauern, wiegt sich in einer trügerischen, ja gefährlichen Sicherheit.
Ein falscher Luftdruck, mögliche Schäden unregelmäßiger Profil-Abrieb, all das sind Warnsignale, die viele Autofahrer*innen häufig nicht wahrnehmen. Kfz-Betriebe sollten deshalb Käufer*innen von Ganzjahresreifen fachkundig über die Vor- und Nachteile informieren und ihnen regelmäßige Checks ihrer Reifen anbieten. Der BRV empfiehlt die Kontrolle von Ganzjahresreifen mindestens einmal pro Jahr. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) empfiehlt sogar halbjährliche Checks.