Trotz sinkender Neuwagen-Produktion steigt der Logistikaufwand in der Automobilindustrie

08. Dez 2022 | Branche + Mehr

Wer momentan einen Neuwagen bestellt, muss lange auf die Lieferung warten, teilweise extrem lange, um genau zu sein. Denn insbesondere der Chipmangel und der Krieg in der Ukraine bremsen die Fahrzeugproduktion weiter empfindlich aus. Während die Nachfrage nach Gebrauchtwagen zur Freude der Freien Werkstätten hierzulande dementsprechend steigt, nimmt auch der Logistikaufwand in der deutschen Automobilindustrie zu. Warum ist das so?

Weltweit haben die Automobilhersteller große Probleme, die Neuwagen-Nachfrage zu befriedigen. Nach wie vor fehlen Halbleiter, die für die Produktion von Neuwagen benötigt werden. Und diese Knappheit wird laut einer aktuellen Studie noch bis 2024 anhalten. Gleichzeitig fehlen nach wie vor Kabelbäume, für die sich die Ukraine zu einem wichtigen Produktionsstandort entwickelt hat. Der fürchterliche Krieg in der Ukraine bremst deshalb auch in Deutschland die Neuwagenproduktion aus.

Etwas überrascht nahm ich deshalb die Überschrift eines Artikels in der Fachzeitung „Automobilwoche“ (Ausgabe 23/2022) zur Kenntnis. Dort heißt es, der Logistikaufwand in der deutschen Automobilindustrie steige rapide – trotz sinkender Produktion.

Werksanlieferungen haben um 200 Prozent zugenommen

Das ist das Ergebnis einer Auswertung von „Inform“, einem IT-Dienstleister, der die Logistik-Software für 101 Werke von Automobilherstellern und -zulieferern in Deutschland stellt. Die Damen und Herren bei Inform haben also eine ziemlich valide Datenbasis.

Aus der Auswertung geht hervor, dass die monatlichen Anfahrten von Lkw an die Werke von 2020 bis September 2022 um rund 200 (!) Prozent zugenommen haben. Ulf König, Leiter der strategischen Unternehmensentwicklung bei Inform, erklärt: „Obwohl die Fabriken hinten weniger Autos verlassen, ist bei der Anlieferung am Werktor vorne relativ gesehen mehr los“.

Lieferengpässe und sinkende Produktionsvolumina erschweren Logistik

„Durch Disruptionen wie die Lieferengpässe gibt es Unruhe im System“, so König. Die Folge: Automobilhersteller, Zulieferer und Logistikdienstleister müssen flexibler reagieren, was zu mehr Fahrten führt: Denn während vor den Krisen (Corona, Ukraine-Krieg, Chipmangel) Lkw komplett mit Teilen für einen einzigen Hersteller beladen wurden, ist das laut „Automobilwoche“ durch Lieferengpässe und auch sinkende Produktionsvolumina häufig nicht mehr möglich.

Deshalb werden die Lkw, die früher nur ein Werk anfahren mussten, heute auch mit Waren für andere Unternehmen beladen, um die Fahrten auszulasten. Dadurch steigt der Logistikaufwand erheblich. Also durchaus einleuchtend.