Klassische Porsche 911 von Singer: Besser als das Original

23. Okt 2022 | Branche + Mehr

Für Porsche-Puristen ist die Firma Singer aus  Los Angeles ein rotes Tuch. Für gemäßigte Freunde der Sportwagen-Marke und Auto-Fans weltweit steht das Unternehmen für automobile Träume – und die vielleicht schönsten klassischen Porsche-Modelle der Welt.

Die Kalifornier haben sich auf das Tuning und die Restauration des klassischen Porsche 964 spezialisiert. Das Geschäftsmodell: Kunden, die einen 964 besitzen, bringen ihren zwischen 1989 und 1994 gebauten Porsche 911 zu Singer und erhalten anschließend ein Meisterwerk der Technik zurück. Denn Singer gilt als Erfinder des "Restomod".

Neu gedacht, neu gemacht und in einigen Punkten besser als das Original

Der Begriff setzt sich aus „Restauration“ und „Modifikation“ zusammen. Bei einer klassischen Oldtimer-Restauration wird ein Fahrzeug in den originalen Zustand versetzt. Idealerweise steht das Fahrzeug später so auf der Straße, wie es ursprünglich die Werkshallen verlassen hat. Bei einem Restomod werden die potenziellen Schwachstellen des Fahrzeuges ausgemerzt und einige Baugruppen optimiert. Hinter der geliebten Optik des Klassikers versteckt sich dann moderne Technik. Das kann zum Beispiel das Fahrwerk betreffen, die Karosserie, die Sicherheitstechnik oder den Motor. Vorteil: Das ikonische Design bleibt erhalten, die Fahrzeuge fahren anschließend aber besser, schneller und sicherer.

Gegründet wurde Singer von Rob Dickinson, dem Cousin von Iron Maiden Sänger Bruce Dickinson. Den Engländer zog es aus der verregneten Heimat in die Sonne Kaliforniens, wo er sich und vielen Porsche-Fans 2009 den Traum von Singer Vehicle Design erfüllte. Doch warum heißt das Unternehmen ausgerechnet Singer? Dickinson benannte sein Unternehmen nach dem Porsche-Ingenieur Norbert Singer. Der 1939 geborene Norbert Singer wird intern bei Porsche auch "Mister Le Mans" genannt. Er war an allen 16 Gesamtsiegen die Porsche-Fahrzeuge zwischen 1970 und 1998 erzielten, als Renn-Ingenieur maßgeblich beteiligt und war darüber hinaus noch der Projektleiter für die meisten Porsche-Rennsportwagen.

Kaum eine Schraube bleibt unangetastet

In einem Singer Porsche, bleibt fast keine Schraube unangetastet. Ein Großteil der Porsche 911 Karosserie wird durch Kohlefaserteile ersetzt. Die 964-Motoren werden von Motorenherstellern wie Williams, Cosworth oder Ed Pink Racing überarbeitet. Aus dem 3.6 Liter Benziner, der werkseitig 250 Pferdestärken mobilisiert, werden nach der Leistungskur schnell bis zu 390 oder sogar noch mehr PS.

Das Ziel ist klar definiert: Mehr Leistung, mehr Luxus, dafür weniger Gewicht. Das manuelle 5-Gang-Getriebe weicht einem mit sechs Gängen und auf Wunsch zieht auch eine Klimaanlage oder ein Soundsystem in den Singer Porsche ein. Der Kunde ist König, sein Wunsch ist Singer Befehl. Kein Wunder also, dass bei Singer zurzeit an bis zu 24 Fahrzeugen gleichzeitig gearbeitet wird.

Ein echter Überflieger ist der Singer 911 DLS. Das DLS steht dabei für „Dynamics and Lightweighting Study“ und das Fahrzeug ist nicht nur leichter, sondern verfügt über deutlich mehr Leistung. Bei Motorenhersteller Williams entstand zusammen mit dem legendären ehemaligen Porsche-Ingenieur Hans Mezger, der auch den Titel Porsche-Papst tragen darf, ein 4-Liter-Boxermotor mit luftgekühlten 500 Pferdestärken. Darüber hinaus konnte das Leergewicht des Sportwagens dank des flächendeckenden Einsatzes von Carbon, Magnesium und Titan, sowie weiteren Leichtbaustoffen, auf ca. 990 kg reduziert werden.

Sündhaft teuer

Doch wie kitzelt das Unternehmen aus dem ursprünglichen 3,6 Liter Boxermotor fast 250 PS mehr Leistung? Singer verbaut neue Zylinderköpfe mit vier Ventilen pro Zylinder, Titan-Pleuel übertragen die Kraft der angepassten Kolben. Der Motor verfügt über Drosselklappen aus Aluminium, Ansaugstutzen aus Carbon und über eine spezielle Airbox. Durch die Höchstleistung wächst auch die thermische Belastung. Aus diesem Grund verbaut Singer einen zweiten Ölkreislauf und passt bei diesem ausgewöhnlichen Restomod auch sämtliche anderen Fahrzeugteile an die höheren Temperaturen an. 

Insgesamt sollen über 1.000 Restomods die heiligen Singer-Hallen schon verlassen haben. Der Preis für einen Singer Porsche Umbau kann schnell zwischen 475.000 Dollar und 1,8 Millionen Dollar betragen. Die passende Basis, also das fahrzeug an sich, ist da noch nicht einmal inkludiert.Gebrauchte Singer Porsche Modelle wurden auf Auktionen schon zwischen 900.000 und weit über einer Million US-Dollar gehandelt. Mit einem Wertverlust ist derzeitig eher nicht zu rechnen, da auch die Ersatzteilspender aktuell eher wieder teurer werden. Die Wartezeiten sind lang. Wer heute einen Singer Restomod in Auftrag gibt, muss mit Lieferzeiten von bis zu drei Jahren rechnen.

Wie sieht die Zukunft von Singer aus?

Alles kann, nichts muss. Rob Dickinson hat viele weitere Ideen und kann sich auch eine weitere Baureihe vorstellen. Und auch die Herstellung von eigenen Singer Fahrzeugen schließt er nicht mehr kategorisch aus. Für die nächsten Jahre soll die Basis der 964 bleiben. Anschließend werden die Karten neu gemischt.