Warum wir den Diesel nicht abschreiben sollten

25. Jul 2020 | Branche + Mehr

Diskutieren muss erlaubt sein. Vor allem, wenn es um den Umweltschutz geht. Doch gerade in Bezug auf den Dieselmotor waren die Diskussionen irgendwann nicht nur ziemlich unsachlich, sondern oftmals auch einfach unsäglich. Nun könnte sich der Dieselmotor rehabilitieren.

Deutschlandweite Fahrverbote und der Abgasskandal 2018 haben den Ruf des Diesels ruiniert. Zumindest vorübergehend: In den Neuzulassungsstatistiken schmierten Diesel-Fahrzeuge ab und entwickelten sich zu wahren Ladenhütern. Auch am Gebrauchtwagenmarkt purzelten die Preise für Diesel-Fahrzeuge.

Offenbar besser als sein Ruf

Nach Einführung besagter Dieselfahrverbotszonen wurde die Luft in den meisten Abschnitten im Laufe der Zeit zwar besser. Doch im April 2020 ließen Messergebnisse in Stuttgart aufhorchen. Der durch die Corona-Krise deutlich gesunkene Verkehr sorgte irritierenderweise nicht für entsprechend rückläufige Stickoxide- und Feinstaub-Messwerte.

Nicht nur für ZDK-Präsident Jürgen Karpinski war die Sache klar: "Wenn Stickoxid-Messwerte an verschiedenen bekannten Hotspots trotz des seit Wochen deutlich reduzierten Verkehrsaufkommens nicht dauerhaft zurückgehen, kann der Diesel dafür nicht länger zum Sündenbock gemacht werden". Zuvor hatten Untersuchungen des ADAC schon gezeigt, dass Dieselmotoren der Euro-6d-temp-Norm kaum Stickoxide ausstießen.

Diesel-Fahrverbote unverhältnismäßig

Und bereits im Februar hatten Diesel-Gegner eine Schlappe kassiert: Wie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig feststellte, können Fahrverbote in der bisherigen Form unverhältnismäßig sein. Ein Dieselfahrverbot sei nicht zwingend, „wenn nach einer Prognose auf hinreichend sicherer Grundlage der Grenzwert für eine erhöhte Emission in Kürze eingehalten wird“.

Das größte Plus für den Diesel dürfte der, im Vergleich zu Benzinmotoren, geringere CO2-Ausstoß sein. Durch den deutlich höheren Wirkungsgrad ist der CO2-Ausstoß rund 15 bis 20 Prozent geringer.

Im Vergleich zum Benziner deutlich geringerer CO2-Ausstoß

Und das dürfte auch diejenigen Automobilhersteller nicht kalt lassen, die sich eigentlich komplett vom Diesel verabschieden wollten. Schließlich gilt für alle in der Europäischen Union neu zugelassenen Pkw in diesem Jahr im Durchschnitt ein CO2-Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer. Wer den Grenzwert nicht packt – und das dürften einige Automarken sein – dem drohen teilweise horrende Strafzahlungen.

Und die kämen wohl zur Unzeit: Denn die durch die Corona-Krise eingebrochenen Verkaufszahlen machen den Autoherstellern bekanntermaßen schwer zu schaffen. Der Dieselmotor könnte aus der Krise möglicherweise als der große Gewinner hervorgehen. Schließlich hilft jeder verkaufte, moderne Diesel, die Strafzahlungen zu reduzieren. Wir sollten den Dieselmotor noch lange nicht abschreiben.