Winterreifen im Sommer fahren? Kein Problem, oder? Gummi ist schließlich Gummi. Was sich im ersten Moment ansatzweise nachvollziehbar anhört, kann sich ganz schnell als Trugschluss erweisen. Winterreifen haben im Sommer aus gutem Grund nichts im Straßenverkehr zu suchen.
Wer mal darauf achtet, sieht es immer wieder: Autos, die selbst im Hochsommer noch auf Winterreifen unterwegs sind. Selbst bei Vielfahrern ist dieses Phänomen zu beobachten. Ob aus Kostengründen oder aus Bequemlichkeit: Im Sommer auf Winterreifen zu vertrauen ist keine gute Idee und kann sogar gefährlich werden.
Deutlich verlängerter Bremsweg
Wie gefährlich, hat der ADAC im Rahmen eines umfangreichen Testprogramms ergründet. Insbesondere auf trockener Straße zeigen Winterreifen bei hohen Außentemperaturen eklatante Schwächen beim Bremsen. „Je nach Temperatur und Verschleißzustand war der Bremsweg der Winterreifen aus Tempo 100 deutlich länger – im schlimmsten Fall sogar um 16 Meter“, teilt der ADAC mit. Nicht auszumalen, was passieren kann, wenn sich der Bremsweg im Falle eines Falles so erheblich verlängert.
Bei Kurvenfahrten ist der Unterschied offenbar zwar nicht ganz so groß. Doch auch hier nimmt die Performance laut ADAC mit zunehmender Außentemperatur ab. Je wärmer, desto geringer wird der Grip in Kurven. Bedeutet: Autos mit Winterreifen verlieren früher die Haftung als Autos mit Sommerreifen.
Warnung vor Urlaubsfahrten im Sommer mit Winterreifen
Der Automobilclub warnt vor allem vor Urlaubsfahrten mit Winterreifen: „Vor allem wenn das Auto mit viel Gepäck beladen wurde, ergab sich eine weitere Verschlechterung der Fahrstabilität. Die Beeinträchtigung war dann schon bei kleinen Lenkbewegungen in lang gezogenen Kurven und Autobahnausfahrten zu spüren.“
Doch warum verlieren Winterreifen mit zunehmender Temperatur überhaupt an Leistungsfähigkeit? Das liegt insbesondere an ihrer im Vergleich zu Sommerreifen viel weicheren Gummimischung, die dafür sorgt, dass die Reifen auf Eis und Schnee sowie generell bei kühlen Außentemperaturen Grip aufbauen. Je wärmer es wird, desto weicher werden dann die Reifen. Vor allem die Profilblöcke geben dann nach, was zu einer geringeren Performance und zu einem schwammigen Fahrgefühl führt. Übrigens: Je mehr Profiltiefe der Winterreifen hat, desto schlechter wird im Sommer das Fahrverhalten!
Ärger mit der Versicherung vorprogrammiert
Während im Winter eine „situative Winterreifenpflicht“ gilt, dürfen Winterreifen rein rechtlich gesehen auch im Sommer genutzt werden. Autofahrer, die bei hohen Temperaturen auf Winterreifen unterwegs sind, riskieren aber nicht nur Unfälle, sondern müssen sich möglicherweise auch noch mit ihrer Versicherung herumschlagen: Denn diese kann allzu gleichgültigen Autofahrern grobe Fahrlässigkeit zur Last legen und sich weigern die Unfallkosten zu übernehmen.
Wer mit Köpfchen Kosten sparen will, kann sich über Ganzjahresreifen Gedanken machen. Wer sein Auto ausschließlich in den schneearmen Regionen in Deutschland fährt und im Winter nicht zwingend auf das eigene Auto angewiesen ist, für den können sich Ganzjahresreifen lohnen.
Doch auch diese Möglichkeit stößt hin und wieder an ihren Grenzen. Denn letztlich handelt es sich bei „Allwetterreifen“ immer nur um einen Kompromiss. Bei extremen Wetterbedingungen wie starkem Schneefall oder Hitze sind die Spezialisten wieder klar im Vorteil: Wintereifen im Winter, Sommerreifen im Sommer.