Was die Elektromobilität für die Beschäftigtenzahlen in der Kfz-Branche bedeutet
Die Elektromobilität scheint in Deutschland nicht mehr aufzuhalten zu sein. 2020 wurden fast 200.000 rein elektrisch angetriebene Pkw neu zugelassen. Das entspricht einer Verdreifachung der Neuzulassungszahlen – der E-Auto-Prämie sei Dank. Wird der Elektro-Hype zum Job-Killer?
Das bekannte Problem: BEV-Elektroautos (Batterieelektrische Autos) verfügen über einen relativ simplen Antriebsstrang und einer entsprechend niedrigen Wertschöpfung. Und das hat natürlich Einfluss auf die Arbeit bei Automobilherstellern, Automobilzulieferern – und letztlich auch bei Kfz-Werkstätten. Schließlich entfallen alle verbrennungsmotorischen Bauteile und der mechanische Antriebsstrang, sodass E-Autos weniger wartungsintensiv als Pkw mit herkömmlichem Verbrennungsmotor sind.
Komplexe Technik vs. Simple Technik
Dass die Elektromobilität Arbeitsplätze kostet, erscheint da nur logisch. Doch in welchem Maße? Noch vor nicht allzu langer Zeit malte eine Studie schwärzer als die andere. Die eine rechnete mit rund 100.000 Arbeitsplätzen, die durch die Elektromobilität in Deutschland gefährdet sind. Eine andere gar mit 400.000 Arbeitsplätzen, die auf der Kippe stehen sollen, wenn sich die E-Mobilität weiter durchsetzen sollte.
Boston Consulting Group: Die E-Mobilität vernichtet keine Jobs
Eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens „Boston Consulting Group“ (BCG) schränkt inzwischen ein: Die E-Mobilität vernichte keine Jobs. Sie würden lediglich verlagert. Für ihre Studie hat BCG jeden einzelnen Arbeitsschritt in der Pkw-Produktion detailliert aufgeschlüsselt und miteinander verglichen. Das Ergebnis mag überraschen: "Für den Bau eines kompletten Elektroautos ist der Arbeitsaufwand nahezu genauso hoch wie für ein Auto mit Verbrennungsmotor“, so Studienautor Daniel Küpper gegenüber dem Handelsblatt.
Die Studie kommt jedoch auch zu dem Schluss, dass die Produktion von Komponenten bei E-Autos deutlich weniger arbeitsintensiv als die von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ist. Während die Komponentenfertigung bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor einen 54-prozentigen Anteil an der Arbeitszeit bei der Fertigung ausmacht, sind es bei Fahrzeugen mit E-Antrieb nur 47 Prozent. Die Motorenherstellung macht beim Verbrennungsmotor 7 Prozent der Arbeitszeit aus, beim E-Motor nur 2 Prozent. Die insgesamt fehlenden 12 Prozent werden jedoch durch die Produktion von Batteriesystemen fast wieder reingeholt (10 Prozent).
Was ändert sich für Kfz-Werkstätten?
Auch im Werkstattgeschäft werden die Arbeitsvolumina aller Voraussicht nach kleiner werden. Gegenüber herkömmlich angetriebenen Autos rechnet eine Studie der Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie und des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen Baden-Württemberg mit einem um 13,5 Prozent (Benziner) bzw. um 12,7 Prozent (Diesel) geringeren Arbeitsvolumen bei Reparatur und Wartung.
Pro Betrieb könnten 0,15 Arbeitsplätze wegfallen
Das geringere Arbeitsvolumen dürfte früher oder später auch Einfluss auf die Beschäftigtenzahlen in den Kfz-Werkstätten haben. Die Autoren der Studie rechnen in einem Zukunftsszenario mit einem Elektro-Auto- und Hybrid-PKW-Bestand von 25 Prozent im Jahr 2025. In einem solchen Fall stünden rund 1,9 Prozent der Jobs im deutschen After-Sales-Geschäft auf der Kippe. Je Betrieb würden demnach 0,15 Arbeitsplätze wegfallen. Ein Rückgang, der sich über die Jahre durch natürlich ausscheidende Mitarbeiter - etwa durch Beschäftigte, die in Rente gehen - abzeichnen könnte.
Für Kfz-Betriebe, die das Thema Elektromobilität als Chance begreifen, dürften die Auswirkungen also deutlich weniger dramatisch ausfallen, als gemeinhin angenommen.